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Igel in Not - Gefahren sind vermeidbar !
Die Frage nach der Hilfsbedürftigkeit unserer Igel ist umstritten und wird kontrovers diskutiert. Nicht zuletzt deshalb, weil viele Menschen völlig falsche Vorstellungen von Igelschutzmaßnahmen haben. Sie denken vorrangig an die sogenannten „kleinen Herbstigel“ und verstehen die natürliche Auslese als Naturgesetz nicht. Eine gesunde Wildtierpopulation existiert jedoch nur dann, wenn sich die stärksten und die gesündesten Tiere vermehren.
Die Berechtigung, schwachen und untergewichtigen Herbstigeln unsere Hilfe zuteil werden zu lassen, liegt einzig und allein in der Tatsache begründet, dass jährlich in Deutschland über 500 000 gesunde, kräftige Igel eines unnatürlichen Todes sterben müssen.
Müssen sie das wirklich oder sollten wir nicht bei unserem täglichen Tun den Tieren etwas mehr Beachtung schenken und viele unserer Handlungen mit mehr Bedacht und Überlegungen durchführen. Erfahrungen über aufgefundene, schwer verletzte Igel sowie über Todfunde erlauben die Schlussfolgerung, dass mindestens 75% der Unfälle vermeidbar waren.
Die Frage „Wie hilfsbedürftig sind unsere Igel?“ erst im Herbst zu stellen, ist vollkommen falsch – weil exakt 9 Monate zu spät.
Igelschutz ist eine ganzjährig erforderliche Maßnahme!
Themengebiete
- Achtung im Straßenverkehr
- Vorsicht Igelverstecke
- Verletzungsgefahr durch Rasenmäher und Laubbläser
- Insektizide vergiften auch Igel
- Unbeabsichtigte Igelfallen im Garten
- Pools und Teiche igelsicher gestalten
- Gartenzäune - Igel hinter Gittern
- Gefängnis Lichtschacht
- Gefahrenquellen: Weidezäune und Mäusefallen
- Hund und Igel
- Vorsicht bei Bauarbeiten
Der zunehmende Ausbau der Verkehrsnetze bewirkt eine Einschränkung des Lebensraumes der Igel mit der Folge verstärkter Straßenüberquerungen. Igel sind insbesondere bei Einbruch der Dunkelheit, um Mitternacht sowie in der Morgendämmerung auf Nahrungssuche unterwegs.
Deshalb gilt: Achtung im Straßenverkehr!
Bitte fahren Sie aufmerksam!
Halten Sie Abstand!
Beachten Sie Geschwindigkeitsvorgaben!
Der Straßenverkehr ist aber nur die augenfälligste Gefahr für Igel. Fast genauso viele Tiere sterben qualvoll durch andere von Menschenhand geschaffenen Gefahrenquellen. Unbeabsichtigt, aber auch unbedacht und ohne Überlegung führt manch „gärtnerisches Tun“ auf der Kleingartenparzelle, bei der öffentlichen Park- oder Grünflächenpflege im Wohngebiet den Igel in den Tod. Schwer verletzt schleppt sich das Tier in sein Nest und wird nur selten rechtzeitig entdeckt, sodass für viele jede Hilfe zu spät kommt.
In Komposthaufen suchen Igel zu jeder Jahreszeit gern Unterschlupf und auch Nahrung. Vorsicht beim Umsetzen! Überzeugen Sie sich vor Beginn Ihrer Arbeit, ob sich eventuell „stachelige Bewohner“ häuslich eingerichtet haben. Gerade im zeitigen Frühjahr beim Ausbringen des Kompostes liegen die Tiere noch im festen Schlaf zur Kugel gerollt in ihrem Winterquartier und schon oft wurde ein Igel beim Umsetzen übersehen und mit der Forke aufgespießt.
Auch Laub- und Reisighaufen sind beliebte Wohnungen für Igel und anderes Kleingetier. Bitte verbrennen Sie keine „Gartenabfälle“! Mit dem Anlegen eines Totholzhaufens oder einer Benjeshecke schaffen Sie Kleinbiotope für Igel und andere Nützlinge.
Sollte es genehmigte Verbrennungen geben, dann schauen Sie bitte vor dem Anzünden unbedingt nach, ob sich ein Tier im Haufen verkrochen hat. Besser ist es, den Haufen zu wenden. Ein Igel läuft nicht davon, wenn es knistert und stinkt, er rollt sich nur artgerecht zusammen und verbrennt und verkohlt (von uns unbemerkt) qualvoll am lebendigen Leib.
Besonders im Sommer schlafen Igel gern in dichtem hohem Gras am Rande von Hecken und Buschwerk. Sie benötigen an warmen Tagen kein dichtes schützendes Nest und liegen mit ausgestreckten Pfoten im Tagesschlaf.
Das Mähen des Rasens sollte deshalb nie ohne vorherige Kontrolle, insbesondere unter Tannen, Hecken und Bodendeckern erfolgen. Durch Tellersensen, Rasenmäher/-trimmer und elektrische Heckenscheren werden Igeln nicht selten schlimmste Verstümmelungen zugefügt.
Im Herbst halten zunehmend Laubsauger Einzug in die „ordentlichen Gärten“ und „gepflegten Landschaften“. Sie vernichten nicht nur das dringend benötigte Material für den Nestbau, sondern auch große Mengen fressbares Kleingetier für den Igel und entziehen somit wertvolle Nahrungsquellen.
Die Saugkraft ist derart stark, dass Igelbabys und -kinder problemlos mit weggesaugt werden können. Geräte mit angeschlossenem Schredder sorgen für den letzten Schritt der Entsorgung. Empfehlenswert sind Geräte mit Blasefunktion, diese wehen das Laub unter das Buschwerk und die Hecken.
Igel ernähren sich von Regenwürmern, Schnecken und vielerlei Insekten. Chemische Präparate und insbesondere Gifte schädigen aber nicht nur den Boden und töten auch nicht nur Schädlinge, sondern gleichermaßen Nützlinge. Im Nahrungskreislauf der Natur ist das eine Folge ohne Ende! Insbesondere bei Schnecken sind die Konsequenzen fatal, denn Igel fressen sowohl lebende als auch verendete, d.h. vergiftete Schnecken.
Ein vergifteter Igel stirbt nicht in 2-3 Tagen, sondern er quält sich wochenlang bis zu seinem Tod.
Beachten Sie deshalb: Kein Einsatz von Giften und Insektiziden! Legen Sie Ihren Garten naturgerecht an, Nützlinge siedeln sich von selbst an und beseitigen Ihre Schädlinge. Verzichten Sie bitte auf Schneckenkorn, auch wenn die Plage noch so hoch ist! Das einzige Präparat, welches auch für Igel ungefährlich ist, heißt Ferramol.
Am Boden liegende Volleyball- bzw. Tischtennisnetze oder bis zum Erdreich gespannte Schutznetze über Bäumen und Sträuchern stellen für alle am Boden lebenden Kleinsäuger eine ernsthafte Gefahr dar. Die Tiere können sich darin verfangen, die Pfoten brechen, Gelenke auskugeln oder andere schwerste Verletzungen zuziehen. Spannen Sie Netze bitte in einem Abstand von mindesten 40 – 50 cm über dem Erdboden.
Am Boden liegende Drahtrollen und -geflechte sind eine analoge Gefahrenquelle.
Herumliegender Müll ist nicht nur ein unschöner Anblick, sondern stellt in vielerlei Hinsicht auch eine Gefahr dar. An leeren Büchsen und Flaschen ziehen sich die Tiere schwere Schnittverletzungen zu. Wenn auch das Hineinkriechen gelingt; ein Rückzug ist unmöglich, weil die Stacheln wie Widerhaken wirken. Die Tiere ersticken oder verhungern. Auf der Futtersuche interessieren sich Igel auch für Mülltüten und deren Inhalt. Wenn sie darin einschlafen oder aus anderen Gründen nicht wieder herausfinden, ersticken sie oder werden am lebendigen Leib mit der Müllabfuhr entsorgt!
Lassen Sie deshalb nichts am Boden liegen. Verschließen Sie bitte immer die Mülltüten und gelben Säcke, auch wenn diese zwischenzeitlich nur zum Teil gefüllt sind.
Igel können schwimmen, wenngleich nicht lange und ausdauernd. Fällt ein Igel in einen Naturteich oder Bach, so schwimmt er an´s Ufer, hält sich dort mit seinen Krallen an Erde, Steinen oder natürlichem Bewuchs fest und klettert schnell an das rettende Festland. Ebenerdige Swimmingpools oder Wasserbehälter sowie steilwandige künstliche Plastik- bzw. Folieteiche stellen eine tödliche Gefahr dar, wenn sie nicht randvoll mit Wasser gefüllt sind. Die Tiere können sich am steilen, glatten Rand nicht festhalten und nicht herausklettern.
Achten Sie beim Anlegen eines Kleinfeuchtbiotops auf die Rand-/Ufergestaltung! Flach auslaufende Uferbereiche mit Steinen, Pflanzen und/oder eine Böschungsmatte aus Jute bieten beim Herausklettern ausreichend Halt und sind einfache Mittel, um Tierleben zu retten. Auch ein fest verankertes Holzbrettchen mit schmalen Querleisten als Ausstiegshilfe verhindert den qualvollen Tod durch Ertrinken! In die Erde eingelassene Regentonnen und Badewannen deckt man am Besten mit Gaze oder engmaschigem Drahtgeflecht ab, so dass Regen, aber kein Tier hineinfällt.
Mauern zur Grundstücks- und auch Drahtzäune zur Parzellenbegrenzung in Gartenanlagen sind für Igel zusätzliche, unüberwindbare Hindernisse im ohnehin schon eingeschränkten Lebensraum. Wegen der bereits erwähnten Verletzungsgefahr sollten Zäune aus Maschendraht ebenfalls einen Bodenabstand von mindestens 40 cm haben.
Besser sind allerdings durch-lässige Parzellen, begrenzt durch Hecken, Stauden oder Jägerzäune. Sie bieten den Tieren ausreichend Durchschlupf-möglichkeiten und erleichtern damit auch die Wege bei der Futter- und Quartiersuche. Dichte Begrenzungen sollten nur in Richtung stark befahrener Straßen angebracht werden.
Offene Kellerfenster, Lichtschächte an Häusern sowie Baugruben und -gräben jeglicher Art sind Fallen für alle Kleintiere. Einmal „hineingepurzelt“, können sie sich nicht wieder aus eigener Kraft befreien und sterben einen sehr langsamen Tod durch Verdursten/Verhungern.
Wenn möglich, decken Sie bitte die Gefahrenstellen ab oder bringen Sie Ausstiegshilfen an. Ansonsten ist eine tägliche Kontrolle unbedingt erforderlich! Finden Sie ein Tier, so schauen Sie bitte nach Verletzungen und überprüfen Sie, ob es lauffähig ist, denn durch einen tiefen Sturz auf harten Untergrund kann es zu schweren Bein- oder Beckenbrüchen kommen. Bieten Sie auch einem nicht verletzten Tier vor seiner Freilassung unbedingt Wasser zu trinken an.
Den Schritt in die ersehnte Freiheit sollte der Igel dann am Besten abends bei Eintritt der Dämmerung tun. Im Zeitraum Juni bis Mitte Oktober jedoch sollte man den Igel sobald als möglich wieder laufen zu lassen, denn es könnte eine säugende Igelin sein und für den Wurf zählt jede Stunde.
Unfallgefahren stellen auch steile Kellertreppen dar. Vor allem kleinere Tiere rollen die Stufen hinab, können die Stufenhöhe jedoch aufwärts nicht überwinden. Ein breites Brett mit Querleisten oder flache Ziegelsteine, seitlich auf die Stufen gelegt, erleichtern den Aufstieg.
Die tägliche Kontrolle des Kellereinganges verhindert eine lange Gefangenschaft ohne Wasser und Nahrung.
Besonders in der Schafhaltung werden gern elektrische Weidezäune verwendet. Für Igel sind sie eine tödliche Gefahr, wenn die stromführenden Drähte bis dicht am Erdboden entlang geführt werden. Gefahrenfrei dagegen ist die Verwendung flexibler Zaunsysteme ohne vertikale Litzen.
Aber auch bedeutend kleinere Fallen können verheerende Folgen haben. Ratten und Mäuse sind weder im Garten noch im Wohnumfeld beliebte Zeitgenossen. Ihrer Plage durch Fallen oder Gift Herr zu werden, birgt für andere am Boden lebende Kleinsäuger Gefahren.
Mäuse- und Rattenfallen sollte man derart aufstellen, dass sich kein anderes Tier darin verletzen kann! Igel sind z. Bsp. von Natur aus „neugierig“ und müssen alles, was ihnen neu und interessant erscheint und vor allem gut riecht (z. Bsp. der Fleischbrocken als Lockmittel) untersuchen und beschnuppern.
Nicht selten werden auch Igeln in diesen Fallen die Pfoten oder die Nase abgeschlagen. Rattengift sollte man derart auslegen, dass es für Nützlinge wie den Igel unerreichbar ist!
Größere und vor allem beliebtere Mitbewohner der Menschen sind Hunde. Achten Sie bitte auf Ihren Hund! Dem natürlichen Jagdtrieb nachgehend werden oft Igel aus ihren Verstecken aufgestöbert und mitunter von Hunden nicht nur verbellt, sondern auch gebissen und damit schwer verletzt.
Besonders im Herbst, wenn das natürliche Nahrungsangebot knapper wird, sind Igel verstärkt auf Futtersuche und bedienen sich als Fleischfresser auch am Katzen- und Hundefutternapf.
Ein Eindringen in den Zwinger erkennt der Hund verständlicherweise als „Hausfriedensbruch“ an und wehrt sich dagegen auf seine Art und Weise. Blutige Zweikämpfe lassen sich jedoch verhindern.
Wenn Sie Ihren Hund in einem Zwinger halten, so sichern Sie diesen bitte ab, dass kein Igel hineingelangen kann.
Verwilderte, nicht genutzte Grundstücke sind die Lieblingsheimat der Igel. Ungestörte Unterschlupfmöglichkeiten und ein vielfältiges Nahrungsangebot lassen das Igelherz auf einem solchen Areal höher schlagen. Doch irgendwann fällt jedes Biotop einer Baumaßnahme zum Opfer. Mit schwerer Technik wird nicht nur eine eventuell vorhandene baufällige Steinruine beseitigt, sondern gleichermaßen großflächig Wildwuchs abgebaggert.
Vor allem tagschlafende Tiere werden von derart überfallähnlichen Maßnahmen überrascht und haben keine Chance zur Flucht. Tiere werden samt ihrer Nester mit der Baggerschaufel aufgeladen und auf der Deponie entsorgt.
Sind geplante Baumaßnahmen bekannt, geben Sie bitte im Vorfeld dem Grundstückseigentümer Hinweise auf das Vorhandensein geschützter Tierpopulationen und informieren Sie die zuständigen Ämter und Behörden. Sprechen Sie auch mit den die Maßnahmen durchführenden Bauarbeitern. Letztendlich wollen diese auch keinem Tier Leid zufügen, aber sie können nicht wissen, wer im betreffenden Gebiet alles heimisch ist.
Betrachten Sie diese wirklich gut gemeinten Ratschläge bitte nicht als Bevormundung oder erhobenen Zeigefinger. Jeder Mensch wird im Laufe der Zeit in seinem Arbeits-, Wohn- und Freizeitumfeld „betriebsblind“ und erwacht meist erst dann, wenn etwas Außergewöhnliches geschehen ist.
Oft genügt bereits etwas mehr Umsicht und Sie retten Leben!
Die im Igelschutz tätigen Mitarbeiter haben schon unendlich viel Leid gesehen und sich immer wieder gefragt: Warum musste so etwas geschehen? Einigen schwer verletzten Tieren konnte geholfen werden. Sie haben den Kampf um das Leben gewonnen. Andere dagegen hatten trotz intensiver Bemühungen keine Chance – sie starben bzw. wurden von ihren Qualen durch einen Tierarzt erlöst. Für alle nicht zu rettenden Igel aber gilt: Ihrem Leben wurde durch menschliches Handeln auf völlig unnatürliche Weise ein Ende gesetzt. Dass dies in Zukunft weniger passieren möge, das wünschen wir uns gemeinsam.